„Wir wollen ein solidarisches Projekt für die Umwelt auf die Beine stellen“ / November 2021-August 2022
Que portez-vous? Was tragt ihr? Kennt ihr den Ursprung eurer Kleidung? Ihre Wertschöpfungkette? Die Umstände unter welchen sie fabriziert wurde? Die (meistgegebene) Antwort: Nein. Das musste ich ernüchternder Weise gemeinsam mit meinen Freunden während unserer Dreharbeiten auf der bekannten Einkaufsstraße Rue Rivoli mitten in Paris feststellen.
Aber zunächst einmal wer sind wir überhaupt? Ich bin Paula, 19 Jahre alt, und absolviere zurzeit einen Freiwilligendienst im Rahmen des Programms Europäischer Solidaritätskorps in einem Jugend- und Kulturzentrum (MJC – Maison des jeunes et de la culture) im Pariser banlieue (Vorort). Meine Mission besteht größtenteils darin, gemeinsam mit der Gärtnerin des MJC, das ökologische Bewusstsein in der Gesellschaft zu stärken. Dafür animieren wir verschiedene Workshops rund ums Gärtnern, besonders in Grundschulen und im MJC. Ansonsten helfe ich den Jugendlichen bei Ihren Hausaufgaben, animiere ein Sprachcafé und nehme am lebendigen Alltagsgeschehen im MJC teil.
Neben meiner individuellen Mission in Persan arbeite ich gemeinsam mit vier weiteren europäischen Freiwilligen, welche ihren Freiwilligendienst in anderen MJCs in der ganzen Ile de France absolvieren, an einem gemeinsamen Projekt rund um die nachhaltige Mode, welches ich euch gerne im Folgenden vorstellen möchte. Einmal im Monat treffe ich mich mit Carla und Nazah aus Spanien, Federica aus Italien und Ferdinand aus Deutschland. Diese Treffen, welche immer in einer unserer Aufnahmeorganisationen stattfanden, bieten uns die Möglichkeit, uns gegenseitig auszutauschen und an unserem Projekt weiterzuarbeiten.
Zu Beginn ging es für uns erst einmal darum, ein Thema zu finden. Nach einem Brainstorming waren wir uns relativ schnell einig: Wir wollen ein solidarisches Projekt für die Umwelt auf die Beine stellen – bestenfalls in Relation mit der Kleidung. Was also tun?
Nach längerem Überlegen, kamen wir auf die Idee, ein „vide-dressing“ zu organisieren, während welchem die Teilnehmer*innen Kleidung mitbringen, welche sie nicht mehr tragen und im Gegenzug aus den Klamotten der anderen wahre Schätze ziehen können. Es ist jedoch keine Verpflichtung etwas mitzubringen, um etwas mitzunehmen.
Anschließend überlegten wir, auf welche Weise wir unser Projekt dokumentieren wollen. Es standen mehrere Ideen im Raum: Podcast, Film, Bilder, Bericht,…schlussendlich fiel die Wahl auf den Film. Wir müssen ja schließlich von der Expertise Ferdinands profitieren: Er ist ein passionierter Kameramann und schneidet gerne Videos. Des Weiteren ist er bereits in Besitz des benötigten Materials. In dem Film wollen wir zum einen Informationen zum Thema liefern, andererseits aber auch Ratschläge zu alternativen Kleidungsformen geben. Um das ganze spannend zu gestalten sind wir bereits seit mehreren Monaten damit beschäftigt, Interviews mit ganz verschiedenen Persönlichkeiten zu führen. Ob in ethischen Boutiquen, während eines Stick-Workshops in der Pariser Recyclerie, in Ressourcerien, in MJCs oder auf den Straßen Paris‘ (siehe Einleitung) – es fehlte uns ganz sicher nicht an Orten, um uns mit inspirierenden, kreativen Menschen auszutauschen.
Während unserer Dreharbeiten konnten wir bereits sehr viele neue Erfahrungen sammeln und sehr viel Neues über Fast Fashion sowie deren Alternative Slow Fashion lernen. So sind wir nun nach vier Monaten selbst zu kleinen Experten geworden, geben gerne Ratschläge und zeigen andere Formen des Konsums auf. Daher schließt sich an die Ausstrahlung unseres Films auch eine Debatte mit dem Publikum an. Noch stehen wir bis zum Hals in den Vorbereitungen und hoffen, dass wir in einem Monat bereits sein werden, das Event zu stemmen.
Allerdings kann ich schon jetzt eine positive Bilanz unseres Projekts ziehen, da wir von Anfang an, alle sehr motiviert gearbeitet haben und viel Spaß hatten. Das Projekt hat uns Freiwillige sehr viel näher gebracht und ich kann sagen, dass ich dadurch wertvolle Freunde gefunden habe. Auch wenn wir nicht alle nah beieinander wohnen, so treffen wir uns doch regelmäßig und erleben sehr viel zusammen. Ich bin davon überzeugt, dass mein Freiwilligendienst ohne dieses Projekt mit den anderen Freiwilligen nur halb so schön wäre und bin dankbar, dass ich diese Erfahrung mit ihnen teilen darf.